HoΜhere Mathematik
Vorlesung 8
Mai 2017
ii
“In der Mathematik versteht man die Dinge nicht. Man gewoΜhnt sich
nur an sie.”
John von Neumann
8
Funktionentheorie
Komplexe Zahlen
Jede komplexe Zahl besitzt eine eindeutige Darstellung:
π§ = π₯ + π · π¦,
π₯, π¦ ∈ R
Komplexe Zahlen kann man auch durch gerichtete Strecken (Vektoren) darstellen,
die im Koordinatenursprung beginnen und im entsprechenden Punkt der Zahlebene
enden. Die komplexe Zahl π§ = 2+3π kann man daher nicht nur durch den Punkt
−→
π΄(2, 3) darstellen, sondern auch durch den Vektor ππ΄
Man nennt π₯ = Re(π§) den Realteil und π¦ = Im(π§) den ImaginaΜrteil der
komplexen Zahl π§. Ist π§ = π₯ + ππ¦ ∈ C so nennt man π§¯ = π₯ − ππ¦ die zu π§
konjugierte komplexe Zahl. Man erhaΜlt diese Zahl durch Spiegelung an der
π₯-Achse:
1
Realteil und ImaginaΜrteil einer komplexen Zahl sind gegeben durch:
π
π(π§) =
π§ + π§¯
,
2
πΌπ(π§) =
π§ − π§¯
2π
Die Addition zweier komplexen Zahlen π§1 , π§2 ist definiert durch:
π§1 + π§2 = (π₯1 + ππ¦1 ) + (π₯2 + ππ¦2 ) = π₯1 + π₯2 + π(π¦1 + π¦2 )
Die Substraktion zweier komplexen Zahlen π§1 , π§2 ist definiert durch:
π§1 − π§2 = (π₯1 + ππ¦1 ) − (π₯2 + ππ¦2 ) = π₯1 − π₯2 + π(π¦1 − π¦2 )
2
FuΜr die Multiplikation zweier komplexer Zahlen π§1 und π§2 gilt:
π§1 ·π§2 = (π₯1 +ππ¦1 )·(π₯2 +ππ¦2 ) = π₯1 ·π₯2 −π¦1 π¦2 +π(π¦1 π₯2 +π₯1 π¦2 )
Eigentlich ist das die Klammerregel der Multiplikation zweier reellen Zahlen
mit der neuen Information:
π2 = −1
Die LaΜnge des Vektors, der eine komplexe Zahl darstellt, bezeichnet man als
den Betrag dieser komplexen Zahl. Den Betrag der komplezen Zahl π§ = π₯ + ππ¦
bezeichnet man durch |π§| oder durch den Buchstaben π.
|π§| =
√
π§ · π§¯ =
√οΈ
π₯2 + π¦ 2
Der Betrag stimmt mit der euklidischen Norm des Vektors π§ uΜberein:
Ist π§ ΜΈ= 0, gilt:
3
π₯ − ππ¦
π§¯
1
= 2 = 2
π§
|π§|
π₯ + π¦2
Das Inverse der komplexen Zahl gewinnt man demnach, indem man π§ zunaΜchst
an der π₯-Achse spiegelt, und dann am Einheitskreis. Denn π§1 zeigt in die gleiche
Richtung π§¯, hat aber die LaΜnge π, wenn π§ die LaΜnge π hat.
Die Division zweier komplexen Zahlen π§1 , π§2 ist die Multiplikation mit dem
Inverse von π§2 :
π§1
1
1
π₯2 − ππ¦2
= π§1 ·
= (π₯1 + ππ¦1 ) ·
= (π₯1 + ππ¦1 ) · 2
π§2
π§2
π₯2 + ππ¦2
π₯2 + π¦22
π₯1 · π₯2 + π¦1 π¦2 − π(π¦1 π₯2 + π₯1 π¦2 )
=
π₯22 + π¦22
−→
Der Winkel zwischen der Abszissenachse ππ₯ und dem Vektor ππ΄, der die
komplexe Zahl darstellt, heisst Argument der komplexen Zahl π§ = π₯ + ππ¦.
4
Gibt es die Formel:
π = arctg
(οΈ π¦ )οΈ
π₯
π∈Z
+ ππ,
Denn cos und sin sind 2π-periodisch, ist das Argument nicht eindeutig, sondern
π ± 2π, π ± 2π, . . . sind andere Argumente.
Mit:
arg(π§) = π + 2ππ,
π∈Z
bezeichenen wir die
√οΈ Menge aller Argumente.
FuΜr π = |π§| = π₯2 + π¦ 2 sieht man leicht ein:
Polardarstellung: Jede komplexe Zahl laΜsst sich in der Gestalt:
π§ = π(cos π + π sin π)
darstellen, wobei π und π Polarkoordinaten von π§ sind.
Beispiel:
√
Wir suchen
die Polarkoordinaten-Darstellung von π§ = − 3 − π. Denn
√
π₯ = − 3 und π¦ = −1 erhalten wir:
(οΈ √ )οΈ
(οΈ π¦ )οΈ
3
π
= arctg
= + ππ
π = arctg
π₯
3
6
√
Der Punkt π΄(− 3, −1) liegt im dritten Quadrant deshalb:
π<π<
3π
.
2
Einen solchen Wert bekommen wir fuΜr π = 1, somit π =
√οΈ √
Der Betrag ist π = |π§| = (− 3)2 + (−1)2 = 2.
5
π
6
+1·π =
7π
6 .
Schliesslich die Polardarstellung lautet:
(οΈ
)οΈ
7π
7π
π§ = 2 cos
+ sin
6
6
Hauptargument: Man bezeichnet den Winkel π von π§, der:
−π < π ≤ π
erfuΜllt, als Hauptargument von π§, in Formeln π = Arg(π§). Deshalb gibt es die
Beziehung:
arg(π§) = Arg(π§) + 2ππ, π ∈ ZZ.
Beispiel:
In dem letzten Beispiel ein Argument war π = 7π
6 . Mit Hilfe der Formel
Arg(π§) = π ± 2ππ ∈ (−π, π], π ∈ N, suchen wir das Hauptargument.
5π
Deshalb Arg(π§) = 7π
6 − 2π = − 6 .
Haben wir auch die alternative Polardarstellung:
(οΈ
(οΈ
)οΈ
(οΈ
)οΈ)οΈ
5π
5π
π§ = 2 cos −
+ sin −
6
6
Eine geometrische Deutung der Multiplikation komplexer Zahlen erhaΜlt man
mit Hilfe der Polarkoordinaten:
π§1 · π§2 = π1 π2 (cos(π1 + π2 ) + π sin(π1 + π2 ))
6
Eine aΜnliche Situation fuΜr Division:
π§1
π1
= (cos(π1 − π2 ) + π sin(π1 − π2 ))
π§2
π2
Formel von Moivre:
(cos π + π sin π)π = cos(ππ) + π sin(ππ),
fuΜr alle π ∈ Z.
Die LoΜsungen der Gleichung π€π = π§:
FuΜr jede natuΜrliche Zahl π hat dei Gleichung π€π = π§ genau π LoΜsungen, naΜmlich:
(οΈ
)οΈ
√οΈ
√
π + 2ππ
π + 2ππ
π
π
π§ = |π§| cos
+ π sin
,
π
π
wobei π = 0, 1, . . . , π − 1.
Beispiel:
Die Gleichung π€π = π, π€ ∈ C hat drei LoΜsungen. Man sieht leicht ein,
dass |π| = 1 und π = π2 , somit:
FuΜr π = 0 :
√
3
(οΈ
π )οΈ
π
π
π
1 cos 2 + π sin 2 = cos + π sin
3
3
6
6
√
3 1
=
+ π
2
2
π€1 =
7
FuΜr π = 1 :
√
3
π
2
)οΈ
π
+ 2π
5π
5π
2 + 2π
π€2 = 1 cos
+ π sin
= cos
+ π sin
3
3
6
6
√
)οΈ
(οΈ
)οΈ
(οΈ
π
π
π
π
3 1
+ π sin π −
= − cos + π sin = −
= cos π −
+ π
6
6
6
6
2
2
(οΈ
FuΜr π = 2 :
(οΈ
√
3
π€3 = 1 cos
π
2
)οΈ
π
+ 4π
9π
9π
2 + 4π
+ π sin
= cos
+ π sin
3
3
6
6
)οΈ
(οΈ
)οΈ
(οΈ
3π
π
π
3π
π
π
= cos
+ π sin 2π −
= cos − π sin
+ π sin
= cos 2π −
2
2
2
2
2
2
= −π
Die π-ten Einheitswurzeln ππ = 1:
Es gibt zu jedem π ∈ N genau π verschiedene π-te Einheitswurzeln, naΜmlich:
2π
2π
+ π sin
π
π
4π
4π
π2 = cos
+ π sin
π
π
.....................
2ππ
2ππ
+ π sin
ππ = cos
π
π
.....................
π1 = cos
ππ = 1
Komplexwertige Funktionen einer Variablen
Eine komplexwertige Funktion ist eine Funktion π : π· → C bei der die Zielmenge die Menge der komplexen Zahlen ist. Die komplexwertigen Funktionen
mit π· ⊂ C heissen komplexe Funktionen.
Manchmal schreiben wir:
π (π§) = π’(π₯, π¦) + ππ£(π₯, π¦),
wobei π§ = π₯ + ππ¦, fuΜr eine komplexe Funktion π. Also π’, π£ sind reellwertige
Funktionen.
8
Lineare Funktionen: Eine komplexe Funktion π heisst linear falls π fuΜr
feste komplexe Konstanten π, π ∈ C, π ΜΈ= 0, eine Darstellung der folgenden Form
besitzt:
π (π§) = ππ§ + π, π§ ∈ C.
Bemerkung:
β Die Wahl π = 1 fuΜhrt zu eine Translation oder Parallelverschiebung
um π:
π (π§) = π§ + π, π§ ∈ C.
β Die Wahl π ∈ R+ und π = 0 fuΜhrt zu einer Streckung (bzw. Stauchung):
π (π§) = ππ§,
π§ ∈ C.
d.h. der Betrag von π§ wird gestreckt (π > 1) oder gestaucht (0 < π < 1)
Allgemein spricht man von einer Skalierung mit Skalierungsfaktor π > 0.
β Die Wahl π ∈ C mit |π| = 1 und π = 0 fuΜhrt zu einer Rotation um den
Ursprung mit dem Winkel π = Arg(π):
π (π§) = (cos π + π sin π)π§,
π§ ∈ C.
Charakterierung einer linearen Abbildung:
Jede lineare Funktion π : C → C laΜsst sich als Komposition:
π = π3 β π2 β π1
von drei Abbildungen schreiben:
1) π1 (π§) == (cos π + π sin π)π§ eine Rotation um den Ursprung
2) π2 (π§) = |π|π§ eine Skalierung
3) π3 (π§) = π§ + π eine Translation um den Vektor π
Exponentialfunktion:
Die komplexe Exponentialfunktion exp : C → C ist definiert durch:
exp(π§) = ππ§ = ππ₯+ππ¦ := ππ₯ cos π¦ + πππ₯ sin π¦
Man sieht leicht ein, dass |ππ§ | = ππ₯ und arg(π§) = π¦ + 2ππ, π ∈ Z.
9
Eigenschaften der Exponentialfunktion:
i) Die Exponentialfunktion ist eine 2ππ-periodische Funktion:
ππ§+2ππ = ππ§ ,
ii) ππ§ ππ€ = ππ§+π€ ,
π§ ∈ C.
π§, π€ ∈ C,
π§
iii)
π
= ππ§−π€
ππ€
iv) (ππ§ )π = πππ§ ,
π ∈ Z.
Der komplexe Logarithmus:
Die mengenwertige Abbildung:
Ln(π§) = ln |π§| + π · arg(π§)
ist der komplexe Logarithmus Ln : C* → C und die LoΜsung der Gleichung:
ππ€ = π§.
Eigenschaften des komplexen Logarithmus:
FuΜr π§, π€ ΜΈ= 0 gelten:
i) Ln(π§) + Ln(π€) = Ln(π§π€)
(οΈ )οΈ
ii) Lnπ§ − Ln(π€) = Ln π€π§
iii) Ln(π§ π ) = π · Ln(π§),
π ∈ Z.
Die allgemeine Potenzfunktionen:
Die komplexen Potenzfuntkionen werden mit Hilfe des Logarithmus definiert:
π§ πΌ = ππΌ(ln |π§|+π arg(π§))
wobei πΌ ∈ C ist eine beliebige komplexe Konstante.
Die komplexen Potenzfunktionen sind auch mengenwertige Funktionen. Der
Ausdruck ππΌ(ln |π§|+πArg(π§)) heisst Hauptwert der Potenzfunktion π (π§) = π§ πΌ und
ist eine Funktion von π§.
10
Eigenschaften des Hauptwertes der komplexen Potenzfunktionen:
FuΜr π§ ∈ C* und πΌ, π½ ∈ C gelten:
i) π§ πΌ · π§ π½ = π§ πΌ+π½
ii)
π§πΌ
π§π½
= π§ πΌ−π½
ii) (π§ πΌ )π = π§ ππΌ ,
π ∈ Z.
Bemerkung:
Die Regel π§ πΌ · π€πΌ = (π§π€)πΌ gilt nicht fuΜr alle π§, π€ ∈ C* und πΌ, π½ ∈ C.
Beispielsweise finden wir fuΜr den Hauptwert der Potenzfunktion:
2
(−1)π · (−1)π = ππ π ππ
2
π
= π−2π
aber:
[(−1) · (−1)]π = 1π = ππ·0 = 1
Komplexe hyperbolische und trigonometrische Funktionen:
Die folgende komplexe Funktionen sind Fortsetzungen der entsprechenden elementaren reellen Funktionen:
sin π§ =
πππ§ − π−ππ§
,
2π
sinh π§ =
ππ§ − π−π§
2
cos π§ =
πππ§ + π−ππ§
,
2
cosh π§ =
ππ§ + π−π§
2
Diese Funktionen sind stetig und differenzierbar auf C !
Elementare Eigenschaften :
FuΜr alle π§ ∈ C :
i) cos2 π§ + sin2 π§ = 1 und
ii) cosh(ππ§) = cos π§
und
cosh2 π§− sinh2 π§ = 1
sinh(ππ§) = π sin π§
iii) In C gelten, wie in R, die Additionstheoreme fuΜr trigonometrische Funktionen:
sin(π§1 ± π§2 ) = sin π§1 cos π§2 ± sin π§2 cos π§1 ,
cos(π§1 ± π§2 ) = cos π§1 cos π§2 β sin π§1 sin π§2 .
11
Komplex versus reell
Der Abstand in der komplexen Ebene ist gegeben durch:
π(π§, π€) = |π§ − π€| =
√οΈ
(π₯1 − π₯2 )2 + (π¦1 − π¦2 )2 ,
π§, π€ ∈ C.
Normalerweise betrachten wir als offene Umgebung des Punktes π§0 eine offene
Kreisscheibe um π§0 vom Radius πΏ, d.h. die Menge:
π·(π§0 , πΏ) = {π§ ∈ C : |π§ − π§0 | < πΏ}.
Konvergente Folgen:
Sei (π§π )π eine Folge komplexer Zahlen und π§ eine weiter komplexe Zahl. Folgende Aussagen sind aΜquivalent:
π§π → π§, fuΜr π → ∞
⇔
Re(zn ) → Re(z) und Im(zn ) → Im(z), fuΜr π → ∞
In C eine Funktion π : π· → C hat einen Grenzwert πΏ im Punkt π§0 genau
dann, wenn fuΜr alle Folgen (π§π )π , die gegen π§0 konvergieren, die Folge π (π§π )
gegen πΏ konvergiert.
Der Unterschied zwischen dem reellen Fall und dem komplexen Fall ist, dass
in C die Folgen nicht nur von einer Richtung konvergieren, sondern von unendlichen Richtungen:
12
Beispiel:
π§¯
existiert nicht !
π§→0 2π§
Betrachten wir eine Folge (π§π )π , die in der Richtung der π₯-Achse gegen
0 konvergiert, zum Beispiel π§π = π1 . Dann:
Der Grenzwert lim
π (π§π ) =
π§π
=
2π§π
1
π
2
π
=
1
1
→ .
2
2
Aber fuΜr eine Folge (π€π )π , die in der Richtung der π¦-Achse gegen 0
konvergiert, zum Beispiel π€π = π1 π, es gilt:
π (π€π ) =
−π
π€π
1
1
= 2ππ = − → − .
2π€π
2
2
π
Grenzwert einer komplexen Funktion:
Sei π (π§) = π’(π₯, π¦) + ππ£(π₯, π¦), π§0 = π₯0 + ππ¦0 und πΏ = π + ππ, dann lim π (π§) = πΏ
π§→π§0
genau dann, wenn:
lim
π’(π₯, π¦) = π
und
(π₯,π¦)→(π₯0 ,π¦0 )
lim
π£(π₯, π¦) = π.
(π₯,π¦)→(π₯0 ,π¦0 )
Beispiel:
Wir berechen den Grenzwert lim (π§ 2 + 1). Sei π§ = π₯ + ππ¦, wie uΜblich.
π§→1+π
Dann:
π (π§) = π§ 2 + π = (π₯ + ππ¦)2 + π = π₯2 − π¦ 2 + (2π₯π¦ + 1)π
Um den letzen Satz zu verwenden, betrachten wir π’(π₯, π¦) = π₯2 − π¦ 2 und
π£(π₯, π¦) = 2π₯π¦ + 1. Hier π§0 = 1 + π, deshalb π₯0 = 1 und π¦0 = 1.
Denn:
lim
(π₯2 − π¦ 2 ) = 0
(π₯,π¦)→(1,1)
und:
lim
(2π₯π¦ + 1) = 3
(π₯,π¦)→(1,1)
existiert der Grenzwert und ist πΏ = lim (π§ 2 + 1) = 0 + 3π.
π§→1+π
13
Stetigkeit der komplexen Funktionen:
Sei π· ⊂ C eine offene Umgebung von π§0 = π₯0 + ππ¦0 . Eine Funktion π : π· → C :
π (π₯ + ππ¦) = π’(π₯, π¦) + ππ£(π₯, π¦)
ist stetig im π§0 , wenn die reellwertigen Funktionen π’, π£ stetig im (π₯0 , π¦0 ) sind.
Die Exponentialfunktion π (π§) = ππ§ ist stetig auf C, denn π’(π₯, π¦) = ππ₯ cos π¦
und π£(π₯, π¦) = ππ₯ sin π¦.
Differenzierbarkeit der komplexen Funktionen:
Sei π· ⊂ C ein Gebiet. Eine Funktion π : π· → C heisst komplex differenzierbar
in π§0 ∈ π·, falls der Grenzwert:
π ′ (π§0 ) = lim
π§→π§0
π (π§) − π (π§0 )
π§ − π§0
existiert. Die komplexe Zahl π ′ (π§0 ) nennt man die Ableitung von π in π§0 .
Eine Funktion heisst in π§0 ∈ C holomorph, wenn sie in einer offenen Umgebung
π·(π§0 , πΏ) ⊂ C definiert und komplex differenziebar ist.
Beispiel:
π (π§) = π₯+4ππ¦ ist nicht komplex differenzierbar
ZunaΜchst presentieren wir den Satz von Looman-Menchoff :
Komplex differenzierbar vs. reell differenzierbar:
Die Funktion π : π· → C definiert als π (π§) = π’(π₯, π¦) + π · π£(π₯, π¦), wenn π§ = π₯ + ππ¦,
erfuΜllt die Bedingungen:
i) π ist stetig in einer Umgebung von π§0 ∈ π·.
ii) Die partielle Ableitungen
von π§0 .
ππ’ ππ’
ππ₯ , ππ¦
und
ππ£ ππ£
ππ₯ , ππ₯
existieren in einer Umgebung
iii) Die Funktionen π’, π£ erfuΜllen in einer Umgebung von π§0 die CauchyRiemann Gleichungen:
ππ’
ππ£
(π₯0 , π¦0 ) =
,
ππ₯
ππ¦
ππ’
ππ£
(π₯0 , π¦0 ) = − (π₯0 , π¦0 ).
ππ¦
ππ₯
Dann ist die Funktion π in π§0 komplex differenzierbar ( sogar holomorph).
14
Beispiel:
Studieren Sie die komplexe Differenzierbarkeit der Funktion π (π§) = cos π§
Ableitungsregeln fuΜr holomorphe Funktionen (wie im Reellen):
i) LinearitaΜt: (πΌπ (π§) + π½π(π§))′ = πΌπ (π§)′ + π½π(π§)′
ii) Produktregel: (π (π§)π(π§))′ = π ′ (π§)π(π§) + π (π§)π ′ (π§)
(οΈ
)οΈ′
π (π§)
π ′ (π§)π(π§) − π (π§)π ′ (π§)
iii) Quotientenregel:
=
π(π§)
π 2 (π§)
iv) Kettenregel: π (π(π§))′ = π ′ (π(π§))π ′ (π§)
15
UΜbungsblatt 10
Aufgabe 1. Beweise: (οΈsinh π§ )οΈ= 0 genau dann, wenn π§ = πππ und cosh π§ = 0
genau dann, wenn π§ = 12 + π ππ.
√
Aufgabe 2. Schreibe folgende komplexe Zahlen in Polarform π§1 = − 3 − π,
π§2 = 1 − π.
√
i) Finden Sie das Hauptargument π΄ππ(π§1 ) und berechnen Sie (− 3 − π)50 .
ii) FuΜr die komplexen Zahlen π§1 = −1, π§2 = 5π, uΜberpruΜfen Sie dass:
π΄ππ(π§1 π§2 ) ΜΈ= π΄ππ(π§1 ) + π΄ππ(π§2 )
(οΈ
π΄ππ
π§1
π§2
)οΈ
ΜΈ= π΄ππ(π§1 ) − π΄ππ(π§2 )
und
πππ(π§1 π§2 ) = πππ(π§1 ) + πππ(π§2 )
πππ(
π§1
) = πππ(π§1 ) + πππ(π§2 ).
π§2
Aufgabe 3. Zeigen Sie dass |Re π§| ≤ |π§| und |Im π§| ≤ |π§|. Zeigen Sie die
IdentitaΜt:
|π§ + π€|2 = |π§|2 + |π€|2 + 2π
π(π§π€),
π§, π€ ∈ πΆ
und die Dreiecksungleichung |π§ + π€| ≤ |π§| + |π€|.
Aufgabe 4. Skizzieren Sie die Mengen der Punkte π§, in der komplexen Ebene,
die die folgenden Bedingungen erfuΜllen:
i) 1 < |π§ − 1 − π| ≤ 2
ii) |π§ − π| = |π§ − 1|
iii) |πππ(π§)| <
π
4
iv) Re ((1 + π)π§ − 1) = 0
v) 0 < Re π§ < 1.
Aufgabe 5. LoΜsen Sie in C die Gleichung:
cos π§ = 2
16
Aufgabe 6. i) LoΜsen Sie in C die Gleichungen:
π§6 = 1 + π
π§2 + π§ + 1 = 0
π§4 + 1 = 0
ii) Berechnen Sie
√οΈ
3+
√
3π
Aufgabe 7. Beweisen Sie dass:
cos(π§ + π€) = cos π§ cos π€ − sin π§ sin π€
sin(2π§) = 2 sin π§ cos π§
sin2 π§ + cos2 π§ = 1
fuΜr π§, π€ ∈C.
l
17
18
Literaturverzeichnis
[1] K. Fritzsche. Grundkurs Funktionentheorie: Eine EinfuΜhrung in die komplexe Analysis und ihre Anwendungen, Spektrum Akademischer Verlag
Heidelberg, 2009.
[2] D. G. Zill, P. D. Shanahan. A First Course in Complex Analysis with
Applications, Jones and Bartlett Publishers, Inc., 2003.
[3] C. I. Hedrea. Curs de Matematici speciale, 2016.
19
20