Accounting Magazine Ausgabe 01.2017

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Accounting
Magazine
Ausgabe 01.2017
Aktuelle Entwicklungen der Rechnungslegung
Gewinnrealisierung
bei Massengeschäften wie dem
Versandhandel
Reform der Arbeitnehmerüberlassung –
Auswirkungen auf die handelsrechtliche
Rechnungslegung?
Überfällige Klarstellung – Keine Abführungssperre
für Bewertungsgewinne aus der Abzinsung von
Pensionsrückstellungen
Gesetzentwurf zur Förderung der Transparenz
von Entgeltstrukturen verabschiedet
Impressum
Redaktion:
Prof. Dr. Peter Oser
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Ahmad Sultana
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Dr. Katharina Philippsen
Steuerberaterin
Foto: iStockphoto
Gestaltung: Sabine Reissner
Druck: Druck- und Verlagshaus Zarbock
Foto Cover: gettyimages
Adresse der Redaktion:
Ernst & Young GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Ahmad Sultana
Westfalendamm 11
44141 Dortmund
Telefon + 49 231 55011 22144
Telefax + 49 181 3943 22144
hgb.hotline@de.ey.com
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in unserer neu eingeführten Sektor-Rubrik widmen wir uns diesmal der Gewinnrea­li­
sierung bei Massengeschäften wie dem Versandhandel. Hier stellt sich insbesondere
die Frage, inwiefern die eingeräumten Widerrufs- oder Rückgaberechte sich auf den
Zeitpunkt der Gewinnrealisierung auswirken. Lesen Sie unsere Einschätzung in dem
Beitrag ab S. 6.
Im Bereich der nationalen Rechnungslegung untersuchen wir mögliche Auswirkungen
der Reform der Arbeitnehmerüberlassung auf die handelsrechtliche Rechnungs­
legung. So stellt sich aus handelsrechtlicher Sicht z. B. die Frage, ob Leiharbeitnehmer
als Arbeitnehmer des Entleihers bei der Bestimmung der Schwellenwerte zur Ermitt-
Prof. Dr. Peter Wollmert
lung der Größenklassen nach § 267 HGB zu berücksichtigen sind. Sowohl die Rechtsprechung des BAG als auch das überarbeitete Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
stellen die Leiharbeitskräfte für bestimmte Bereiche den Arbeitnehmern des Entleihers gleich. Ob dies auch Auswirkungen auf die handelsrechtliche Rechnungslegung
hat, lesen Sie ab S. 10.
Das BMF hat Ende des vergangenen Jahres die ersehnte Klarstellung gemacht, dass
für Bewertungsgewinne aus der Anwendung des § 253 Abs. 2 HGB n.F. keine
Abführungssperre gilt. Die Einzelheiten des BMF-Schreibens sowie die vorgesehene
Übergangsregelung entnehmen Sie bitte dem Beitrag auf S. 16.
Prof. Dr. Peter Oser
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat kürzlich
Kodexänderungen beschlossen. Ziel der Änderungen ist eine höhere Transparenz für
eine bessere Beurteilung der Unternehmensgovernance durch die Stakeholder
sowie die Aufnahme der internationalen „Best Practice“ in den deutschen Kodex für
börsennotierte Gesellschaften. Die konkreten Änderungen finden Sie auf S. 30.
Wir wünschen Ihnen nun eine anregende Lektüre und verbleiben
mit den besten Grüßen
Prof. Dr. Peter Wollmert Prof. Dr. Peter Oser
Geschäftsführer Leiter der Grundsatzabteilung
Global/EMEIA FAAS LeaderRechnungslegung
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 |
3
Gewinnrealisierung bei
Massengeschäften
wie dem Versandhandel
Haben Sie auch schon einmal im Internet mehrere Artikel zur Ansicht b
­ estellt,
wohl wissend, dass Sie nicht alle Artikel – vielleicht sogar gar keinen – behalten werden? Für die Onlinehändler gehört ein solches Kundenverhalten zum
täglichen Geschäft. Teilweise fordern die Onlinehändler ihre Kunden sogar
direkt dazu auf, sich z. B. mehrere Größen zur Auswahl nach Hause liefern zu
lassen. Vor diesem Hintergrund sind sowohl der Kauf auf Probe (§§ 454,
455 BGB) als insbesondere auch der Verkauf mit (gesetz­lichem oder vertraglichem) Widerrufs- oder Rückgaberecht übliche Vertragsmodelle im Versandhandel (§§ 355 ff. BGB). In unserem sektorspe­zifischen Beitrag gehen
wir daher der Frage nach, zu welchem Zeitpunkt in Massengeschäften wie
dem Versandhandel eigentlich Gewinne zu realisieren sind. Lesen Sie unsere
Einschätzung nach IFRS, Handels- und Steuerrecht ab S. 6.
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6
Sektorspezifisches
Accounting
Thema
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Inhalt
29
Sektorspezifisches Accounting Thema
06G
► ewinnrealisierung bei Massengeschäften wie dem Versandhandel
BGH, Beschluss vom 12.01.2017
Übernimmt eine Muttergesellschaft gegenüber
einem Gläubiger ihrer Tochtergesellschaft eine harte
Patronatserklärung, ist sie dem Gläubiger zur
Schadensersatzleistung verpflichtet, wenn ihn die
Tochtergesellschaft befriedigt, er diese Zahlung
jedoch im Wege der Insolvenzanfechtung erstatten
muss. Erweist sich die Befriedigung des aus einer
harten Patronatserklärung gesicherten Gläubigers
als anfechtbar, kann der Gläubiger gegenüber dem
Patron die ihm aus der Patronatserklärung zustehen­
den Rechte geltend machen. Lesen Sie die Einzel­
heiten des Beschlusses in unserem Beitrag auf S. 29.
EU
22 N
► eufassung der Richtlinie über Aktionärsrechte
Gesetzgebung
Nationale Rechnungslegung
10 Reform
der Arbeitnehmerüberlassung – Auswirkungen auf
►
die handelsrechtliche Rechnungslegung?
24G
► esetzentwurf zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen verabschiedet
1
► 2IDW ERS HFA 7 n. F. zur Rechnungslegung bei Personen­
handelsgesellschaften veröffentlicht
1
► 3HFA hat IDW RS HFA 17 zur Going-Concern-Prämisse im
Jahresabschluss überarbeitet
1
► 3Überarbeitete Fassung von IDW RS HFA 30 zur Bilanzierung
von Altersversorgungsverpflichtungen verabschiedet
Internationale Rechnungslegung
15I► ASB veröffentlicht Entwurf eines Sammeländerungsstandards
(ED/2017/1)
Wirtschaftsrecht
27G
► esellschaftsvertragliche Pflicht der stillen Gesellschafter zur
Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen bei Beendigung der stillen Gesellschaft (BGH, Urteil vom 20.09.2016)
2
► 8Anforderungen an eine Kapitalerhöhung zur Durchführung
einer Verschmelzung i.S.d. § 55 Abs. 1 UmwG (OLG Rostock,
Beschluss vom 19.05.2016, rkr.)
2
► 9Fortbestand der Einstandspflicht aus der Patronatserklärung
bei Insolvenzanfechtung der Tilgungsleistung (BGH,
Beschluss vom 12.01.2017)
1
► 5Neues Format für IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung
nach IFRS – IFRS-Modulverlautbarung
1
► 5Bilanzierung von Versorgungszusagen mit versicherungs­
förmigen Durchführungswegen angesichts der andauernden
Niedrigzinsphase – Entwurf des Moduls IAS 19 - M1
(IDW RS HFA 50)
Allgemeine Informationen
30 K
► odexänderungen 2017 beschlossen
3
► 0 Aktueller Endorsement Status Report der EFRAG
17► Anhebung der Schwelle für geringwertige Wirtschaftsgüter
1
► 8Abschreibungsbeginn bei Windkraftanlagen (BFH, Urteil vom
22.09.2016)
2
► 0Wirtschaftliches Eigentum bei Sale-and-Lease-back-Gesta­l­t­ungen (BFH, Urteil vom 13.10.2016)
2
► 1Pensionseintrittsalter: Wo 65 drauf steht, ist (steuerlich) auch
65 drin (BFM-Schreiben vom 09.12.2016)
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16 ► Ü
► berfällige Klarstellung – Keine Abführungssperre für Bewertungsgewinne aus der Abzinsung von Pensionsrückstellungen
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Bilanzsteuerrecht
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Sektorspezifisches
Accounting
Thema
Gewinnrealisierung bei
Massengeschäften
wie dem Versandhandel
Wer kennt das nicht? Auf der Suche nach neuer Garderobe werden
die präferierten Onlineshops durchstöbert. Ist ein in Frage kommendes Kleidungsstück gefunden, wird es direkt in mehreren Größen in den Warenkorb gelegt. Die Onlinehändler fordern ihre Kunden teilweise sogar direkt dazu auf, sich mehrere Größen zur
Auswahl nach Hause liefern zu lassen. Für die Onlinehändler steht
damit bereits im Zeitpunkt der Bestellung fest, dass es zumindest
teilweise zu Rücklieferungen seitens der Kunden kommen wird. Vor
diesem Hintergrund sind sowohl der Kauf auf Probe (§§ 454,­455
BGB) als insbesondere auch der Verkauf mit (gesetzlichem oder
vertraglichem) Widerrufs- oder Rückgaberecht übliche Vertragsmodelle im Versandhandel (§§ 355 ff. BGB). Zum Teil räumen
Versandhandelsunternehmen ihren Kunden auch Rücktrittsrechte
(jenseits der gesetzlichen Kaufmängelansprüche) vom Vertrag ein.
Der Online- bzw. Versandhändler steht vor dem Problem, zu welchem Zeitpunkt er den Gewinn aus diesen Geschäften realisieren
kann. Zunächst ist der Online- bzw. Versandhändler verpflichtet,
die Ware an die vom Kunden angegebene Adresse zu liefern
(Bringschuld). Wenn die Ware also das Lager des Onlinehändlers
verlässt, ist er seiner Leistungsverpflichtung noch nicht voll­
umfänglich nachgekommen. Eine Gewinnrealisierung scheidet
demnach aus. Andererseits dürfte es in einem Massengeschäft wie
dem Versandhandel kaum praktikabel sein, in jedem Einzelfall
den konkreten Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Kunden
nachzuvollziehen, auch wenn dies im Rahmen der Paketverfol­
gung grundsätzlich technisch möglich sein sollte.
Selbst wenn der Onlinehändler den Zugangszeitpunkt der Ware
beim jeweiligen Kunden kennt, so ist immer noch nicht sicher, ob
der Kunde nicht von seinem Widerrufs- oder Rückgaberecht
Gebrauch macht. Insbesondere in Fällen, in denen Kunden sich z. B.
gleich mehrere Größen ein und desselben Kleidungsstücks zusenden lassen, muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
mit der Rückgabe zumindest eines Teils der Waren gerechnet
werden.
Vor diesem Hintergrund beleuchtet der Beitrag die Gewinnrealisierung bei Massengeschäften wie dem Versandhandel nach IFRS,
Handels- und Steuerrecht.
IFRS
Nach IFRS richtet sich die Erfassung von Umsatzerlösen aus Verträgen mit Kunden künftig nach IFRS 15. Das Kernprinzip von
IFRS 15 besteht darin, dass ein Unternehmen Umsatzerlöse zum
Zeitpunkt der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen
auf Kunden in Höhe der Gegenleistung zu erfassen hat, mit der das
Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung dieser Güter
oder Dienstleistungen rechnen kann (= Transaktionspreis).
Bei Kaufverträgen mit Widerrufsrechten dürfen daher die Produkte, deren Widerruf erwartet wird, bei der Ermittlung des
Transaktionspreises nicht berücksichtigt werden. Die Schätzung
künftiger Rücknahmeverpflichtungen sollte anhand von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit ermittelt werden.
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Sektorspezifisches
Accounting
Thema
Handelsbilanz
Handelsrechtlich ist die Realisation des Gewinns erst zulässig,
wenn der zur Leistung Verpflichtete die Verpflichtungen aus dem
zunächst schwebenden Vertrag erfüllt hat und ihm nur noch das
Risiko aus Gewährleistungsansprüchen und das Ausfallrisiko der
bilanzierten Forderung verbleibt. Bei Kaufverträgen ist der
Gewinn regelmäßig zu dem Zeitpunkt realisiert, zu dem das Risiko
des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung
der Kaufsache auf den Vertragspartner übergeht. Sofern der
Onlinehändler zur Lieferung der Ware an die vom Kunden genannte
Adresse verpflichtet ist (Bringschuld), geht dieses Risiko grundsätzlich mit der Übergabe der verkauften Sache auf den Käufer über.
Dies wäre somit der Zeitpunkt, zu dem der Onlinehändler seinen
Umsatzerlös aus dem Geschäft zu realisieren hätte.
Widerrufsrecht verkauft werden und dem Verkäufer die Käufer
darüber hinaus nicht persönlich bekannt sind, soll es aus praktischen Gründen nicht zu beanstanden sein, wenn die Forderungen
(gewinnrealisierend) mit dem Nennbetrag aktiviert werden und
zudem eine Rückstellung gebildet wird, die die Rücknahmekosten,
etwaige Wertminderungen an der Sache sowie den in der Forderung enthaltenen Gewinnanteil erfasst. Soweit es sich um wesent­
liche Beträge handelt, wird in diesem Fall auch ein Vermerk bei
dem Bilanzposten Forderungen („davon … mit Rückgaberecht“)
im Interesse der Bilanzklarheit geboten sein.
Fraglich ist indes, ob die eingeräumten Widerrufs- und Rückgaberechte der Umsatzrealisierung entgegenstehen. Nach h.M. in der
handelsrechtlichen Kommentierung handelt es sich bei Verkäufen
mit Widerrufs- bzw. Rückgaberechten um Verkäufe unter auflösender Bedingung. Auflösend bedingte Forderungen sind bis zum
Bedingungseintritt zu aktivieren. Art und Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts können allerdings deren Bewertung beeinflussen.
Ein Kaufvertrag auf Probe steht demgegenüber unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung der Ware durch den Käufer
(§§ 454, 158 Abs. 1 BGB). Aufschiebend bedingte Forderungen
dürfen erst mit Eintritt der Bedingung aktiviert werden. Die Einbuchung einer Forderung sowie die Umsatzrealisierung sind
daher erst im Zeitpunkt der Billigung der Ware durch den Käufer
zulässig.
Auch wenn die Aktivierung einer Forderung im Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Kunden bejaht wird, so darf nach im handelsrechtlichen Schrifttum überwiegend vertretener Auffassung
diese Forderung höchstens mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der gelieferten Sache abzüglich voraussichtlich anfallender Rücknahmekosten und abzüglich von Wertminderungen
infolge von Beschädigungen der zurückzunehmenden Sache erfolgen. Die Realisierung eines Gewinns scheidet danach aus.
Steuerbilanz
Im steuerrechtlichen Schrifttum und in der steuerrechtlichen
Rechtsprechung wird überwiegend eine den IFRS vergleichbare
Ansicht vertreten. Danach sollen bei Verkäufen mit Widerrufs- oder
Rücktrittsrechten die Forderungen generell in voller Höhe (also
inklusive des Gewinnanteils) aktiviert werden. Nur wenn mit einer
Ausübung des Widerrufs- oder Rücktrittsrechts durch den Käufer
ernstlich zu rechnen ist, soll eine (teilweise) Neutralisierung des
Gewinnanteils durch Bildung einer Rückstellung zulässig sein.
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Für Massengeschäfte wie den Versandhandel, bei dem regelmäßig größere Mengen von Produkten mit einem gesetzlichen
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| Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
Dies gilt ebenso für Unternehmen mit zuverlässig ermittelbaren
Rückgabequoten, da auch hier eine Gewinnrealisation erst mit
Wegfall des Rückgaberechts eintritt.
Zur Begründung wird angeführt, dass der Verkäufer dem Käufer
das wirtschaftliche Eigentum an der Sache übertragen habe. Hiervon sei auch dann auszugehen, wenn beim Verkauf einer Sache
dem Käufer ein Widerrufsrecht i.S.d. § 355 ff. BGB oder ein Rücktrittsrecht i.S.d. §§ 346 ff. BGB eingeräumt wird und das jeweilige
Recht am Abschlussstichtag des Veräußerungsjahres zwar noch
besteht, aber noch nicht ausgeübt worden ist. Der Widerruf bzw.
Rücktritt erlangt nach dieser Auffassung steuerlich in Übereinstimmung mit dem bürgerlichen Recht erst dann Bedeutung, wenn er
durch eine entsprechende Erklärung des Käufers auch tatsächlich
ausgeübt worden ist. Durch den Widerruf bzw. Rücktritt wird das
ursprünglich bestehende Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt, das die Parteien verpflichtet,
einander die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren.
Während die IFRS und das Steuerrecht für die Umsatzrealisierung auf den Zeitpunkt der Übergabe der Ware abstellen und die Widerrufsrechte nur dann zu
berücksichtigen sind, wenn das Unternehmen ernsthaft mit einer Rücknahmeverpflichtung rechnet, knüpft das Handelsrecht die Umsatzrealisierung an den
Wegfall des Widerrufs- bzw. Rücktrittrechts. Auch wenn die Aktivierung einer
Forderung im Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Kunden bejaht wird,
darf nach im handelsrechtlichen Schrifttum überwiegend vertretener Auffassung diese Forderung höchstens mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der gelieferten Sache abzüglich voraussichtlich anfallender Rücknahmekosten und abzüglich von Wertminderungen infolge von Beschädigungen der
zurückzunehmenden Sache erfolgen. Die Realisierung eines Gewinns scheidet
aus.
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Zusammenfassung
Für Massengeschäfte wie den Versandhandel soll es aus praktischen Gründen
nicht zu beanstanden sein, wenn die Forderungen (gewinnrealisierend) mit
dem Nennbetrag aktiviert werden und zudem eine Rückstellung gebildet wird,
die die Rücknahmekosten, etwaige Wertminderungen an der Sache sowie den
in der Forderung enthaltenen Gewinnanteil erfasst.
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Nationale
Rechnungs­
legung
Reform der Arbeitnehmerüberlassung
Auswirkungen auf die handels­rechtliche Rechnungslegung?
Der Bundestag hat am 21.10.2016 den Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze beschlossen, dem der Bundesrat am 25.11.2016
ohne weitere Änderungen zugestimmt hat. Ab dem 01.04.2017
gilt damit eine Vielzahl von Neuregelungen für den Einsatz
von Fremdpersonal in Unternehmen, von denen hier aber nur die
Regelungen betrachtet werden sollen, die möglicherweise eine
Auswirkung auf die handelsrechtliche Rechnungslegung haben.
Künftig sind nach § 14 AÜG Zeitarbeitnehmer für die Berechnung
der Schwellenwerte des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)
und bei der Unternehmensmitbestimmung – hier aber erst ab einer
Einsatzdauer von sechs Monaten – grundsätzlich zu berücksich­
tigen. Fraglich ist, ob diese Änderung auch Bedeutung für die
Bestimmung der Schwellenwerte nach § 267 HGB zur Ermittlung
der Größenklassen hat. Denn zu den zu betrachtenden Kriterien
zählt auch die durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer.
Nach wohl überwiegender Auffassung im handelsrechtlichen
Schrifttum gelten Leiharbeitnehmer als Arbeitnehmer des Ver­
leihers und sind damit nicht bei der Bestimmung der Größenklassen nach § 267 HGB des Entleihers zu berücksichtigen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat jedoch in zwei Entschei­
dungen, die zum einen den Kündigungsschutz (BAG, Urteil vom
24.01.2013, 2 AZR 140/12) und zum anderen die Bestimmung
der Größe des Betriebsrats (BAG, Beschluss vom 13.03.2013,
7 ABR 69/11) betrafen, die Leiharbeitnehmer den Arbeitnehmern
des Entleihers gleich gestellt. Auf der Basis dieser Rechtsprechung wird es in der Kommentierung vereinzelt für sachgerecht
10 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
erachtet, die Leiharbeitskräfte den angestellten Arbeitskräften
gleich zu stellen, sofern sie nicht nur der Abdeckung eines vorübergehenden Personalbedarfs dienen und sie organisatorisch in
das bilanzierende Unternehmen eingegliedert sind. Die gesetzliche
Verankerung der BAG-Rechtsprechung in § 14 AÜG dürfte diese
Position verfestigen.
Während das bisherige AÜG keine konkrete Höchstdauer für eine
Arbeitnehmerüberlassung vorsah, ist nunmehr in § 1 Abs. 1b
Satz 1 AÜG n.F. eine 18-monatige Überlassungshöchstdauer verankert. D. h. ein Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer
nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher über­lassen, während der Entleiher den Leiharbeitnehmer
nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden
lassen darf. Hieraus lässt sich aber noch nicht eine nur vorübergehende Deckung des Personalbedarfs aus Sicht des Entleihers
ableiten, da dieser nach 18 Monaten den einen Leiharbeitnehmer
durch einen anderen ersetzen kann.
Die Begründung zum Regierungsentwurf weist allerdings darauf
hin, dass die Neuregelung in § 14 AÜG nicht die Frage berühre,
inwiefern Leiharbeitnehmer bei Schwellenwerten in anderen
gesetzlichen Regelungen wie Stammarbeitnehmer zu berücksichtigen sind. Folglich bleibt es wohl mit der Mehrheit im handelsrechtlichen Schrifttum dabei, dass Leiharbeitnehmer dem Verleiher
zuzuordnen und nicht bei der Ermittlung der Schwellenwerte
des § 267 HGB zur Bestimmung der Größenklasse des Entleihers
zu berücksichtigen sind. Insoweit hat die Reform der Arbeitnehmer­überlassung keine Auswirkungen auf die handelsrechtliche
Rechnungslegung.
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Nationale Rechnungslegung
Zur Klärung der Frage, ob ein Unternehmen überhaupt der Mitbestimmung unterliegt, sind die Voraussetzungen des Drittelbeteiligungsgesetzes, des Mitbestimmungsgesetzes, des Montan-­
Mitbestimmungsgesetzes oder des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes zu prüfen. Diese Gesetze stellen sämtlich u.a. auf die
Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ab.
Bislang war fraglich, ob der Arbeitnehmerbegriff im Rahmen der
Mitbestimmung auch die Leiharbeitskräfte umfasste. Die Leih­
arbeiter stehen zunächst in einem privatrechtlichen Arbeits- und
Abhängigkeitsverhältnis zum Verleiher und gelten daher grundsätzlich als Arbeitnehmer des Verleihers. In der zuvor genannten
Rechtsprechung des BAG wurden jedoch die Leiharbeitnehmer
für Fragen des Kündigungsschutzes und der verpflichtenden
Einrichtung eines Betriebsrats den Arbeitnehmern des Entleihers
gleich gestellt. Zur Unternehmensmitbestimmung gab es,
soweit ersichtlich, keine entsprechende Rechtsprechung. Insoweit bestand diesbezüglich eine gewisse Rechtsunsicherheit.
Es kann Fälle geben, in denen die (Nicht-) Berücksichtigung von
Leiharbeitnehmern eine Mitbestimmungspflicht auslöst oder
eben auch nicht. Hieran anschließend wären Zielgrößen für den
Frauenanteil in Vorstand/Geschäftsführung, Aufsichtsrat und
den oberen Führungsebenen unterhalb von Vorstand/Geschäftsführung festzulegen und eine Erklärung zur Unternehmens­
führung abzugeben oder aber nicht.
Diese Rechtsunsicherheit wurde nunmehr durch den neuen § 14
AÜG beseitigt, indem Zeitarbeitnehmer für die Berechnung der
Schwellenwerte bei der Unternehmensmitbestimmung – zumindest
ab einer Einsatzdauer von sechs Monaten – grundsätzlich beim
Entleiher zu berücksichtigen sind. Insoweit können sich mittelbare
Auswirkungen auf die handelsrechtliche Rechnungslegung ergeben, sofern ein Unternehmen bei Berücksichtigung der Leiharbeitskräfte nunmehr der Mitbestimmung unterliegt und in der Folge
eine Erklärung zur Unternehmensführung mit den Angaben zur
Frauenquote erstellen muss.
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Die Tatsache, dass Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der
Schwellenwerte für die Unternehmensmitbestimmung zu berücksichtigen sind, kann aber im Rahmen der Erklärung zur Unter­
nehmensführung von Bedeutung sein. So sind mitbestimmungspflichtige Unternehmen verpflichtet, Zielgrößen für den Frauen­
anteil im Aufsichtsrat und dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung sowie für die beiden Führungsebenen unterhalb des Vor­stands bzw. der Geschäftsführung festzulegen und darüber in
einer Erklärung zur Unternehmensführung zu berichten.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 11
Nationale
Rechnungs­
legung
IDW ERS HFA 7 n. F.
zur Rechnungslegung
bei Personenhandelsgesellschaften
veröffentlicht
Quelle: IDW Aktuell vom 16.02.2017
Der neue Entwurf berücksichtigt eine Entwicklung, die sich immer
mehr in der Fachliteratur wiederfindet: Wird ein ausscheidender
Gesellschafter durch die Personenhandelsgesellschaft abgefunden,
ist danach eine positive Differenz zwischen dem Abfindungsbetrag
und dem Kapitalanteil des ausscheidenden Gesellschafters vorzugsweise mit dem verbleibenden Eigenkapital der Personenhandelsgesellschaft zu verrechnen.
Falls durch die Verrechnung des Unterschiedsbetrags mit dem
Eigenkapital ein negatives Kapitalkonto eines Kommanditisten ent­
stehen sollte, lebt dessen Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB
nicht wieder auf, da die Erfüllung der Abfindungsverpflichtung an
den ausscheidenden Gesellschafter durch die Personenhandels­
gesellschaft keine Entnahme der verbleibenden Gesellschafter
darstellt.
12 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
Eine anteilige Aktivierung der auf den ausscheidenden Gesellschafter
entfallenden und bei der Abfindung vergüteten stillen Reserven
bei den Vermögensgegenständen, deren Buchwerte stille Reserven
enthalten, wird indes weiterhin als zulässig angesehen. Auch ist
die nachträgliche anteilige Aktivierung von selbst geschaffenen
immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens oder
eines Geschäfts- oder Firmenwerts weiterhin zulässig.
Des Weiteren sind in IDW ERS HFA 7 n.F. Änderungen eingeflossen,
die auf dem BilRUG und dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie beruhen.
Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge werden bis zum 15.09.2017
erbeten.
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Der HFA hat am 17.01.2017 den Entwurf einer Neufassung der
IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Handelsrechtliche
Rechnungslegung bei Personenhandelsgesellschaften (IDW ERS
HFA 7 n.F.) verabschiedet.
Nationale Rechnungslegung
HFA hat IDW RS HFA 17
zur Going-Concern-­
Prämisse im Jahresabschluss überarbeitet
Überarbeitete Fassung
von IDW RS HFA 30 zur
Bilanzierung von Alters­­­versorgungs­ver­pflichtungen
verabschiedet
Quelle: IDW Life 12.2016, S. 1035 ff.
Quelle: IDW Life 01.2017, S. 102 ff.
Am 08.09.2016 hat der HFA eine überarbeitete Fassung der IDW
Stellungnahme zur Rechnungslegung: Auswirkungen einer Abkehr
von der Going-Concern-Prämisse auf den handelsrechtlichen
Jahresabschluss (IDW RS HFA 17) verabschiedet. Die Überarbeitung wurde auf Anregung des Fachausschusses für Sanierung
und Insolvenz vorgenommen. Dabei wurden Verweise aktualisiert
sowie redaktionelle Änderungen vorgenommen. Bei diesen
handelt es sich im Wesentlichen um Folgeänderungen aus dem
BiIRUG sowie aus dem neu gefassten IDW Rechnungslegungs­
hinweis: Externe (handelsrechtliche) Rechnungslegung im Insolvenzverfahren (IDW RH HFA 1.012).
Der HFA hat am 16.12.2016 eine überarbeitete Fassung von
IDW RS HFA 30 zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Alters­
versorgungsverpflichtungen (IDW RS HFA 30 n.F.) verabschiedet. Die Neufassung berücksichtigt zum einen die Änderungen, die mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmo­­bilien­kreditrichtlinie (siehe hierzu auch den Beitrag im Accoun­
ting Magazine 01.2016, S. 23) notwendig wurden. So wurden
beispielsweise im Abschnitt 4.2. zur Abzinsung neue Textziffern
eingefügt, die sich mit der Umsetzung der Vorgaben des § 253
Abs. 6 HGB n.F. (Ausschüttungssperre) beschäftigen. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass der HFA über den
Wortlaut des § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB hinaus die Berück­
sichtigung gegenläufiger Effekte auf angesetzte aktive oder
passive latente Steuern bei der Ermittlung des ausschüttungsgesperrten Betrags analog zu § 268 Abs. 8 HGB für sachgerecht hält.
• E
► rfolgswirkungen aus der Änderung der Bilanzierung und
Bewertung infolge der Abkehr von der Going-Concern-Prämisse
sind aufgrund der Abschaffung des außerordentlichen Ergeb­nis­
ses durch das BilRUG künftig unter den sonstigen betrieb­lichen
Erträgen oder den sonstigen betrieblichen Aufwendungen auszuweisen und im Falle außergewöhnlicher Bedeutung gem.
§ 285 Nr. 31 HGB im Anhang anzugeben;
• K
► larstellung, dass im Sinne eines vollständigen Schuldenausweises bei den Pensionsrückstellungen auch ein aus der BilMoG-­
Umstellung resultierender und nach Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB
noch zu verteilender Unterschiedsbetrag („1/15“-Regelung)
zu passivieren ist;
• K
► larstellung, dass künftige Vergütungen für den Insolvenz­
verwalter nicht rückstellungsfähig sind;
Des Weiteren wurden in IDW RS HFA 30 n.F. die Ausführungen
zu den Auswirkungen einer Schuldübernahme sowie einer
Erfüllungsübernahme mit oder ohne Schuldbeitritt u.a. an
zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung zur Bilanzierung entgeltlich übernommener ungewisser Verpflichtungen
(BFH, Urteil vom 12.12.2012, I R 28/11; BFH, Urteil vom
12.12.2012, I R 69/1; BFH, Urteil vom 14.12.2011, I R 72/10;
BFH, Urteil vom 16.12.2009, I R 102/08) angepasst.
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Wesentliche Anpassungen sind:
• K
► larstellung, dass hinsichtlich des Konsolidierungskreises für
insolvente Tochterunternehmen das Einbeziehungswahlrecht
gemäß § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB bereits im Antragsverfahren
greift.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 13
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Internationale
Rechnungs­legung
Internationale Rechnungslegung
IASB veröffentlicht Entwurf eines
Sammeländerungsstandards (ED/2017/1)
Quelle: DRSC-Neuigkeiten vom 13.01.2017
Das IASB hat mit ED/2017/1 den Entwurf für einen Sammel­
änderungsstandard (Annual Improvements to IFRSs 2015–2017
Cycle) veröffentlicht. Darin werden Änderungen an folgenden
Standards vorgeschlagen:
1. IAS 12: Bilanzierung steuerlicher Effekte aus Finanz­
instrumenten, die als Eigenkapital ausgewiesen werden;
2. IAS 23: Bestimmung von Fremdkapitalkosten, wenn
ein bislang in Konstruktion befindlicher Vermögenswert
fertiggestellt wurde;
3. IAS 28: Zusammenwirken der Wertminderungsvorschriften
von IAS 28 und IFRS 9 bei langfristigen Beteiligungen.
Stellungnahmen werden bis zum 12.04.2017 erbeten.
Suche nach einem Thema vereinfacht werden. Da jeweils nur
ein überschaubares Dokument durch die IDW Gremien zu erarbeiten ist, wird bspw. eine kurzfristige Reaktion auf eilbedürftige
Praxisprobleme ermöglicht und die Flexibilität somit erhöht. Die
„Verschlankung“ des Prozesses soll zu einer effizienteren Vorbe­
reitung und Verabschiedung der Module führen. Das modulare Format wird ausschließlich für neue Themen verwendet. Die bereits
bestehenden IDW Stellungnahmen zur Rech­nungs­legung werden
nicht in das modulare Format umgearbeitet. Allerdings sind Verweise in den bestehenden Stellungnahmen auf neue Module vorgesehen, wenn sich eine Stellungnahme und ein Modul auf denselben IASB-Standard beziehen.
Bilanzierung von Versorgungszusagen mit
versicherungsförmigen Durchführungswegen angesichts der andauernden
Niedrigzinsphase – Entwurf des Moduls
IAS 19 - M1 (IDW RS HFA 50)
Quelle: IDW Life 01.2017, S. 116 ff.
Neues Format für IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung nach
IFRS – IFRS-Modulverlautbarung
Quelle: IDW Aktuell vom 28.11.2016
Bilanzierung von Versorgungszusagen mit versicherungsförmigen
Durchführungswegen angesichts der andauernden Niedrigzins­
phase nach IAS 19 ist das Thema des ersten Moduls der neuen
IFRS-Modulverlautbarung IDW RS HFA 50 (siehe hierzu auch den
vorhergehenden Beitrag). Der Entwurf wurde vom HFA am
24.11.2016 verabschiedet.
Bislang wurden in den IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung
nach IFRS zahlreiche Einzelthemen aneinander gereiht und erörtert. Darüber hinaus sind neben den interpretativen Ausführungen
auch die Anforderungen aus den einschlägigen IASB-Standards
wiedergegeben, um die Verständlichkeit und die Lesbarkeit der Verlautbarungen zu gewährleisten. Im Ergebnis erreichen die Stellungnahmen teilweise einen beachtlichen Umfang.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie der Übergang von einer Bilanzierung als beitragsorientierter Plan auf eine Bilanzierung als
leistungsorientierter Plan im IFRS-Abschluss abzubilden ist, wenn
die Inanspruchnahme des Arbeitgebers zum Abschlussstichtag
nicht mehr als sehr unwahrscheinlich eingeschätzt wird.
Vor diesem Hintergrund hat das IDW beschlossen, künftig abgegrenzte Fragen der IFRS-Rechnungslegung in einer einheitlichen und
modularen Form zu behandeln. Jedes Modul ist eigenständig und
wird gesondert vom Hauptfachausschuss (als Entwurf bzw. finale
Fassung) verabschiedet. Die einzelnen Module werden in einer
IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung („IFRS-Modulverlautbarung” – IDW RS HFA 50) zusammengefasst und in der Reihenfolge der IASB-Standards sortiert.
Ein solcher Übergang ist in IAS 19 nicht geregelt. Verschiedene
Sichtweisen sind vertretbar. Für die Abbildung des Übergangs ist
u.a. von Bedeutung, auf welcher Grundlage der Plan bislang als
beitragsorientiert bilanziert wurde: Ging das Unternehmen davon
aus, dass ein leistungsorientierter Plan vorlag, der jedoch als
beitragsorientierter Plan nach IAS 19.46 behandelt wurde (treat
as a defined contribution plan), stellt der Übergang eine Neueinschätzung bei unveränderter Klassifizierung dar. Wurde der Plan
demgegenüber in der Vergangenheit als beitragsorientiert klas­
sifiziert, ist er aufgrund neuer Erkenntnisse umzuklassifizieren.
Durch die stärkere Fokussierung und Strukturierung soll die Übersichtlichkeit gegenüber dem bisherigen Format verbessert und die
Die Kommentierungsfrist endete am 24.01.2017.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 15
Bilanzsteuerrecht
Überfällige Klarstellung
Keine Abführungssperre für Bewertungsgewinne
aus der Abzinsung von Pensionsrückstellungen
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditricht­
linie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom
11.03.2016 (BGBl. 2016 I S. 396) hat der Gesetzgeber auf die
zunehmend negativen Auswirkungen der anhaltenden Niedrigzinsphase für die Attraktivität von Betriebsrenten reagiert (wir
berichteten im Accounting Magazine 01.2016, S. 23), indem der
(Vergangenheits-) Zeitraum für die Ermittlung des Durchschnittszinssatzes zur Abzinsung von Altersversorgungsverpflichtungen
von sieben auf zehn Jahre verlängert wurde (§ 253 Abs. 2 Satz 1
HGB). Darüber hinaus wurden die aus der geänderten Bewertung
resultierenden Bewertungsgewinne mit einer Ausschüttungssperre belegt (§ 253 Abs. 6 Satz 2 HGB). Demzufolge dürfen
Gewinne nur dann ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden, frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich
eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem ermittelten (positiven) Bewertungsunterschied der
angesetzten Pensionsrückstellungen entsprechen. Bei einem
negativen Unterschiedsbetrag entfällt die Ausschüttungssperre
für das betroffene Geschäftsjahr. Die Ausschüttungssperre
nach § 268 Abs. 8 HGB bleibt unberührt.
Bislang war unklar, ob mit der Ausschüttungssperre bei Existenz
eines Ergebnisabführungsvertrages (EAV) eine Abführungssperre
korrespondiert. Denn anders als bei der Einführung des § 268 Abs. 8
HGB wurde § 301 AktG (Höchstbetrag der Gewinnabführung)
im Zusammenhang mit der Neufassung von § 253 Abs. 2 und
6 HGB nicht geändert. Folglich bestand sowohl bei Annahme oder
Ablehnung einer Abführungssperre für die Bewertungsgewinne
Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Anerkennung der steuerlichen
Organschaft durch die Finanzverwaltung wegen einer möglichen
nicht ordnungsgemäßen Durchführung des EAV. Für die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft ist von zentraler Bedeutung,
dass die Organgesellschaft ihren „ganzen (handelsrechtlichen)
Gewinn“ (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG) unter Beachtung von § 301
AktG (Höchstbetrag der Gewinnabführung) – an den Organ­träger abführt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG). Eine zu-viel – oder
zu-wenig – Abführung gefährdet damit (mangels ordnungsge­
mäßer Durchführung des EAV) die Anerkennung der steuerlichen
16 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
Organschaft (hier: möglicher Verstoß gegen § 301 AktG i.V.m.
§ 253 Abs. 6 Satz 2 HGB).
Diese Rechtsunsicherheit wurde nunmehr mit dem BMF-Schreiben
vom 23.12.2016 (Gz. IV C 2 – S 2770/16/10002) beseitigt. So
ist für den Unterschiedsbetrag nach § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB keine
Abführungssperre zu beachten; eine analoge Anwendung des
§ 301 AktG scheide aus (keine planwidrige Unvollständigkeit des
§ 301 AktG). Mithin sind auch (Bewertungs-) Gewinne aus der
Anwendung des § 253 HGB n.F. – die das BMF als sog. „Abstockungs­gewinne“ bezeichnet – vollständig an den Organträger abzuführen.
Vorsorglich weist das BMF darauf hin, dass die Ausschüttungssperre des § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB allein nicht die Bildung einer
Gewinnrücklage bei der Organgesellschaft rechtfertige. Eine Einstellung in eine Rücklage sei lediglich unter den (engen) Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG zulässig, wenn dies
im Einzelfall bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist. Für die Bildung der Rücklagen muss deshalb ein konkreter Anlass (z. B. eine geplante Betriebsverlegung,
Werkserneuerung, Kapazitätsausweitung) gegeben sein, der
auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung einer
Rücklage rechtfertigt (a.A. Hageböke/Hennrichs, DB 2017, S. 20).
Durch das BMF-Schreiben vom 23.12.2016 ist u.E. die vom HFA
des IDW geforderte Berichterstattung im Anhang zur Wahlrechtsausübung sowie die Risikoberichterstattung (zu den steuer- und
gesellschaftsrechtlichen Risiken) der betroffenen Gesellschaften
obsolet (vgl. Oser/Wirtz, DB 2017, S. 262).
Da die Neuregelung des § 253 HGB bereits (vorzeitig) für
Geschäftsjahre angewandt werden durfte, die nach dem 31.12.2014
begannen und vor dem 01.01.2016 endeten (Art. 75 Abs. 7
EGHGB), sieht das BMF-Schreiben eine Übergangsregelung vor. So
wird eine vor dem 23.12.2016 unterlassene Abführung von
Abstockungsgewinnen nicht beanstandet, wenn die Abführung
spätestens in dem nächsten nach dem 31.12.2016 aufzustellenden
Jahresabschluss nachgeholt wird.
Anhebung der
Schwelle für
geringwertige
Wirtschaftsgüter
Quelle: Pressemitteilung des BMWi
vom 07.03.2017
Foto: Gettyimages
Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung
zeitlich begrenzt ist, sind gemäß § 253 Abs. 3 HGB über ihre
voraussichtliche Nutzungsdauer planmäßig abzuschreiben. Das
Steuerrecht sieht in § 6 Abs. 2 EStG für Wirtschaftsgüter, deren
Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Betrag von 410 Euro
nicht übersteigen (sog. geringwertige Wirtschaftsgüter – GWG),
eine Vereinfachung dahingehend vor, dass diese Wirtschaftsgüter
im Jahr ihrer Anschaffung oder Herstellung sofort in voller Höhe
abgeschrieben werden dürfen. Handelsrechtlich wird diese Vorgehensweise ebenfalls für zulässig erachtet, auch wenn es an
einer entsprechenden Ausnahme- bzw. Vereinfachungsregel im
HGB fehlt.
Der Schwellenwert für die geringwertigen Wirtschaftsgüter
wurde in den 1960er Jahren in das Gesetz aufgenommen und
damals noch mit 800 DM festgelegt. Seitdem ist dieser Betrag
nur im Rahmen der Euro-Umstellung auf 410 Euro umgerechnet
worden und ist somit seit über 50 Jahren unverändert. Seit
vielen Jahren wird insbesondere vom Mittelstand eine Anpassung
dieses ver­alteten Schwellenwerts an die betrieblichen Realitäten
gefordert.
Am 06.03.2017 hat sich die Große Koalition darauf geeinigt, den
bisherigen Schwellenwert von 410 Euro auf 800 Euro anzuheben.
Die Anhebung soll zum 01.01.2018 in Kraft treten.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 17
Bilanzsteuerrecht
Abschreibungsbeginn bei
Windkraftanlagen
BFH, Urteil vom 22.09.2016
Üblicherweise finden bei Anschaffungsvorgängen der Übergang
von Nutzen und Lasten und der Gefahrübergang gleichzeitig statt,
so dass der Zeitpunkt des Abschreibungsbeginns keiner weiteren
Untersuchung bedarf. Wann der AfA-Zeitraum jedoch konkret
beginnt, falls diese Zeitpunkte auseinanderfallen, hat der BFH im
Urteilsfall vom 22.09.2016 (IV R 1/14) entschieden.
Im Streitfall hatte die Klägerin die P GmbH mit der Errichtung von
fünf schlüsselfertigen Windkraftanlagen (WKA) beauftragt. Der
hierfür zu entrichtende Kaufpreis sollte vereinbarungsgemäß in
Raten gezahlt werden, wobei die Schlussrate auch ohne Übergabe
der WKA spätestens einen Monat nach der Inbetriebnahme der
fünf WKA fällig sein sollte. Im November 2004 wurden die WKA in
Betrieb genommen. Ab diesem Zeitpunkt hat die Klägerin auch
bereits die Einspeisungsgebühren ertragswirksam vereinnahmt.
Die Übergabe der WKA sollte laut Vertrag durch die Aushändigung
eines von einem zur Abnahme beauftragten Sachverständigen
erstellten Abnahmeprotokolls erfolgen. Dies fand im September
2005 und damit im Folgejahr der Inbetriebnahme statt.
Der BFH hat geurteilt, dass die Klägerin für den Zeitraum bis zum
Gefahrübergang noch keine AfA geltend machen darf, obwohl
sie das Wirtschaftsgut (WKA) bereits voll bezahlt hat, es nutzt und
mit ihm Erträge erzielt. Die AfA erfordere eine Anschaffung
(§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG) und diese hänge an der Lieferung (§ 9a
EStDV). Die Lieferung setze ihrerseits den Erwerb des wirtschaft­
lichen Eigentums voraus. Wirtschaftliches Eigentum entstehe beim
Erwerber aber in der Regel erst durch den kumulativen Übergang
von Besitz, Nutzen und Lasten sowie Gefahr.
Die Möglichkeit der Fruchtziehung aus dem Wirtschaftsgut ist
nach Auffassung des BFH für die Erlangung des wirtschaftlichen
Eigentums für sich genommen nicht ausreichend. Wenn vor der
Abnahme ein Probebetrieb stattfindet, sei der Gefahrübergang für
den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums zwingend erforderlich, damit die Substanz des Wirtschaftsguts auf den Erwerber übergehe (so auch schon BFH, Urteil vom 01.02.2012, I R 57/10).
Sollte der Vertrag nach dem Probebetrieb rückabgewickelt werden,
sei der Veräußerer mit dem zwischenzeitlichen Wertverzehr
wirtschaftlich belastet.
BFH vom 22.09.2016
(IV R 1/14 )
Nutzen/Lasten und Zahlung reichen für
AfA-Beginn nicht aus
•G
rundsatz: AfA-Beginn bei Anschaffung/
Herstellung.
• Anschaffung durch Lieferung.
•L
ieferung mit Erwerb wirtschaftlichen
Eigentums.
•W
irtschaftliches Eigentum ist Summe
aus Nutzen, Lasten, Zahlung und
Gefahrübergang.
Damit AfA-Beginn ab Gefahrenübergang.
18 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
Kein AfA-Beginn trotz Bezahlung und Nutzung
AfA Beginn
Probebetrieb
noch keine AfA
Zahlung
Kaufpreis
Nutzen/Lasten
Übergang
Fruchtziehung
Afa
Gefahrübergang
inkl. Versicherung
= Abnahme
wirtschaftliches Eigentum
Ist der Abnahme ein Probebetrieb vorgeschaltet, darf der Erwerber für diesen Zeitraum keine AfA geltend machen.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 19
Bilanzsteuerrecht
Wirtschaftliches Eigentum bei
Sale-and-Lease-back-Gestaltungen
BFH, Urteil vom 13.10.2016
In einem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte eine KG, deren
Unternehmensgegenstand im Verleasen von Wirtschaftsgütern
bestand, zwei Sale-and-Lease-back-Verträge geschlossen. Die Vertragspartnerinnen der KG, zwei GmbHs, stellten die Wirtschafts­­güter zunächst selbst her und verkauften diese dann an die KG. Die
KG bezahlte die Kaufpreise nur zu Teilen und erhielt in Höhe des
jeweils ausstehenden Restkaufpreises Lieferantendarlehen mit einer
Laufzeit von 48 Monaten und einer Verzinsung von 4,5 % p.a. Die
Darlehen sollten in gleichbleibenden Raten zurückgeführt werden.
Nahezu zeitgleich schloss die KG mit den beiden GmbHs Leasingverträge über die betreffenden Wirtschaftsgüter ab. Beide Leasingverträge hatten eine unkündbare Grundmietzeit von 48 Monaten
und beinhalteten eine Rückkaufoption der KG zu einem bereits festgelegten Rückkaufspreis. Die KG erfasste die Wirtschaftsgüter in
ihrer Bilanz im Sachanlagevermögen und machte im Rahmen ihrer
Steuererklärung Abschreibungen auf diese Wirtschaftsgüter
geltend.
Das für die KG zuständige Finanzamt erkannte die Abschreibungen
nicht an, da nach seiner Auffassung die Wirtschaftsgüter nicht
der KG zuzurechnen seien. Auch das mit der anschließenden Klage
der KG betraute Niedersächsische FG kam in seinem Urteil vom
03.07.2013 (4 K 188/11) zu dem Ergebnis, dass die KG nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Wirtschaftsgüter sei. Die Sale-­­
and-Lease-back-Gestaltungen seien insgesamt als jeweils ein ver­
zinsliches Darlehen der KG an die Leasingnehmerinnen in Höhe
der jeweils geleisteten Anzahlungen zu werten. Diese Darlehen
seien durch die sich im Laufe der weiteren Vertragsabwicklung –
aus Leasingraten und Raten der Lieferantendarlehen – ergebenden
monatlichen Zahlungsüberschüsse zugunsten der KG verzinst
und getilgt worden. Das zivilrechtliche Eigentum an den Leasinggegenständen sei nur zu Sicherungszwecken auf die KG übertragen worden.
Mit Urteil vom 13.10.2016 (IV R 33/13) hat der BFH entschieden,
dass das wirtschaftliche Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1
AO des Leasingnehmers an dem Leasinggegenstand nicht in
Betracht kommt, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer
des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit ist und
dem Leasinggeber ein Andienungsrecht eingeräumt ist.
20 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erfordert, dass ein anderer den zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von
der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen
kann. Es werde zwar nur ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers verlangt. Aus dem Wortlaut dieser Norm
(„kann“) ergebe sich aber, dass der andere diesen Ausschluss
bewirken können muss. Ist in Leasingfällen die betriebsgewöhnliche
Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit, kann der Leasingnehmer (der „andere“) den Leasing­
geber nur dann für die verbleibende Nutzungsdauer von der Ein­
wirkung auf den Leasinggegenstand ausschließen, wenn ihm eine
entsprechende rechtliche Befugnis (z. B. Verlängerungs- oder
Kaufoption) zusteht. Ist in einem derartigen Fall darüber hinausgehend mit der Ausübung dieses Rechts durch den Leasing­
nehmer bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung zu
rechnen, wird der Leasingnehmer den Leasinggeber auf Dauer
von jeglicher Einwirkung auf den Leasinggegenstand ausschließen;
der Leasinggegenstand ist dem Leasingnehmer als wirtschaft­
lichem Eigentümer zuzurechnen.
Hingegen könne dem Leasingnehmer kein wirtschaftliches Eigentum zugerechnet werden, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit
ist und dem Leasinggeber als zivilrechtlichem Eigentümer ein
Andienungsrecht eingeräumt wurde. Dabei komme es nicht darauf
an, ob die Ausübung dieses Andienungsrechts für den Rechts­
inhaber (Leasinggeber) wirtschaftlich vorteilhaft ist. Für Wahrscheinlichkeitserwägungen sei an dieser Stelle kein Raum. Denn
in einem solchen Fall sei der Leasingnehmer rechtlich nicht in der
Lage, den Leasinggeber i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO
für die gesamte Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich auszuschließen. Vielmehr sei der Leasinggeber in der Lage, nach Ablauf der Grundmietzeit nach seinem
Belieben mit dem Wirtschaftsgut zu verfahren. Selbst dann,
wenn von vornherein eine vertragliche Gestaltung gewählt wurde,
welche die Ausübung des Andienungsrechts als wirtschaftlich
vernünftig erscheinen lässt, bleibt es nach Ansicht des BFH dabei,
dass es sich hierbei um eine rechtliche Befugnis des Leasing­
gebers und nicht um eine solche des Leasingnehmers handelt. Folglich sei dann dem Leasinggeber das wirtschaftliche Eigentum an
dem Leasinggegenstand zuzurechnen.
Pensionseintrittsalter:
Wo 65 drauf steht, ist
(steuerlich) auch 65 drin
BFM-Schreiben vom 09.12.2016
Der BFH (Urteil vom 11.09.2013, I R 72/12) und das BAG (Urteil
vom 15.05.2012, 3 AZR 11/10, sowie Urteil vom 13.01.2015,
3 AZR 897/12) haben in drei Urteilen zu dem bei Versorgungs­
zusagen maßgebenden Pensionsalter entschieden. Das BMF-­
Schreiben vom 09.12.2016 (IV C 6 – S 2176/07/10004:003)
setzt sich mit den steuerlichen Folgerungen, die aus den BAG-­Urtei­
len zu ziehen sind, auseinander.
Legt ein aus der Zeit vor der Rentenreform stammendes Gesamtversorgungssystem das 65. Lebensjahr als den Rentenbeginn fest,
ist diese statisch erscheinende Regelung nach Ansicht des BAG
grundsätzlich als dynamischer Verweis auf die stufenweise steigende gesetzliche Regelaltersgrenze auszulegen. Dadurch wird ein
Gleichlauf zwischen gesetzlicher und betrieblicher Altersversorgung sichergestellt.
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Die Finanzverwaltung stellt in ihrem BMF-Schreiben für die bilanzsteuerliche Bewertung von Pensionszusagen – abweichend von der
BAG-Rechtsprechung – grundsätzlich auf das in der Zusage fest­
geschriebene Alter ab. Änderungen bedürfen einer schriftlichen
Anpassung. Wenn der Arbeitgeber die BAG Rechtsprechung dahingehend auslegt, dass er daraus eine Anhebung des Pensionseintrittsalters ableitet, müsse er die angepasste Versorgungszusage
schriftlich genau dokumentieren. Missachtet der Arbeitgeber das
steuerliche Schriftformerfordernis, sollen nach Rz. 14 des BMF-­
Schreibens „insoweit passivierte Pensionsrückstellungen“ gewinn­
erhöhend aufzulösen sein. Gemeint ist damit voraussichtlich eine
vollumfängliche Aberkennung von Rückstellungen u.a. für solche
Gesamtversorgungszusagen, bei denen das Pensionseintritts­
alter durch mündliche Erklärung oder konkludentes Handeln angehoben wird.
Für die Anpassung von Versorgungszusagen sieht die Finanz­ver­
waltung eine Übergangsfrist bis spätestens zum Ende des Wirt­
schaftsjahres vor, das nach dem 09.12.2016 beginnt, also bei kalen­­der­jahr­gleichem Wirtschaftsjahr bis zum Ablauf des Jahres 2017.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 21
EU
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Neufassung der Richtlinie
über Aktionärsrechte
EU
Am 14.03.2017 hat das Europäische Parlament die neugefasste
Richtlinie über die Aktionärsrechte verabschiedet. Die Europäische
Kommission hatte bereits im April 2014 ein Maßnahmenpaket
zur Verbesserung der Unternehmensführung von etwa 10.000 börsennotierten Unternehmen in Europa angenommen, zu dem
auch ein Vorschlag zur Änderung der geltenden Aktionärsrechte-­
Richtlinie (Richtlinie 2007/36/EG) gehörte (wir berichteten im
Accounting Magazine 02.2014, S. 19). Das Europäische Parlament
hatte im Juli 2015 erhebliche Änderungsvorstellungen geäußert.
So sollte insbesondere ein neuer Artikel über Offenlegungspflichten der Unternehmen zum Ergebnis vor Steuern aufgeschlüsselt
nach Mitgliedstaaten (sog. Country-by-Country Reporting) berücksichtigt werden. Da das Thema in der Aktionärsrechte-Richtlinie
jedoch völlig falsch verortet ist, wurde es letztendlich nicht
aufgenommen.
2. Related Party Transactions
Die Änderung der Aktionärsrechte-Richtlinie adressiert auch
Geschäfte der Gesellschaft mit nahestehenden Unternehmen und
Personen wie Vorständen, Aufsichtsräten und Kontrollaktionären,
sog. Related Party Transactions (RPT). Sie bergen stets die
Gefahr eines verdeckten Entzugs von Gesellschaftswerten, insbesondere durch marktunübliche Geschäfte. Die Mitgliedstaaten
dürfen innerhalb einer gewissen Bandbreite den Transaktionsbegriff selbst festlegen. Spätestens mit Abschluss der jeweiligen
Transaktion muss diese unter Angabe der wesentlichen Eckdaten
veröffentlicht werden. Die Mitgliedstaaten können eine zusätz­
liche Veröffentlichung eines Berichts regeln, wonach die Transaktion unter dem Gesichtspunkt bewertet wird, ob sie fair und vernünftig ist. Die Hauptversammlung oder der Aufsichtsrat soll der
jeweiligen Transaktion zustimmen. Betroffene Organmitglieder
oder Aktionäre dürfen dabei nicht mitabstimmen.
Zentrale Punkte der Richtlinie:
1. Vorstandsvergütung (Say-on-pay)
Aktionäre sollen nach Art. 9a eine Vergütungspolitik für die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat erarbeiten und diese der
Hauptversammlung bei jeder wesentlichen Änderung und spä­
testens alle vier Jahre zur Abstimmung vorlegen müssen. Jenseits
dessen soll grundsätzlich keine Auszahlung an die Vorstände
erfolgen. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn es bislang
keine feste Vergütungspolitik gab oder diese nicht gebilligt wurde.
Zwar soll nach der Aktionärsrechte-Richtlinie die Abstimmung
grundsätzlich bindend sein, den Mitgliedstaaten steht es aber frei,
stattdessen eine nur beratende″ Wirkung der Hauptversammlung
vorzusehen („advisory vote“). Lehnt die Hauptversammlung
eine vorgeschlagene Vergütungspolitik ab, ist der nächsten Hauptversammlung eine überarbeitete Fassung vorzulegen.
Das Unternehmen soll ferner einen Vergütungsbericht erstellen,
der sämtliche Vergütungsleistungen enthält, Entwicklungen deutlich macht und die Compliance mit der Vergütungspolitik bestätigt.
Über diesen Vergütungsbericht soll die Hauptversammlung in
nicht bindender Weise abstimmen oder – bei KMUs – zumindest
diskutieren dürfen. Vergütungsberichte sollen mindestens zehn
Jahre auf der Homepage des Unternehmens verfügbar sein.
Basierend auf einem Hauptversammlungsbeschluss mit 75 %­Mehrheit kann bislang noch von einer individualisierten Offenlegung der Vorstandsvergütung im Anhang zum Jahresabschluss
abgesehen werden (sog. Opt-Out gem. § 286 Abs. 5 HGB). Eine
entsprechende Ausnahmeregelung wird es nach der Aktionärsrechte-Richtlinie nicht mehr geben. Die Mitgliedstaaten haben allerdings den Schutz bestimmter personenbezogener Daten der
Organmitglieder zu gewährleisten.
Ausnahmen gelten für Transaktionen, die im ordentlichen
Geschäftsgang und zu üblichen Marktkonditionen vorgenommen
werden; diesbezüglich soll es auf Basis eines internen Verfah­rens regelmäßige Überprüfungen solcher Transaktionen geben.
Daneben können die Mitgliedstaaten weitere RPTs von den vor­
stehenden Regelungen ausnehmen oder eine Ausnahme in das
Ermessen der Gesellschaft stellen. Dies gilt insbesondere für
► eschäfte mit Tochtergesellschaften, sofern diese im Alleinbe• G
sitz der Gesellschaft stehen oder keine andere nahestehende
Person eine Beteiligung an der Tochtergesellschaft hält oder das
nationale Recht einen angemessenen Schutz der Gesellschaftsund Aktionärsinteressen (insbesondere der Minderheits­
aktionäre) gewährleistet,
• G
► eschäfte, die ohnehin nach nationalem Recht einer Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen,
► eschäfte im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung
• G
sowie
► eschäfte, die allen Aktionären zu gleichen Bedingungen ange• G
boten werden.
Die Aktionärsrechte-Richtlinie muss innerhalb der kommenden
zwei Jahre in nationales Recht umgesetzt werden.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 23
Gesetzentwurf zur
Förderung der
Transparenz von
Entgeltstrukturen
verabschiedet
Das Gebot des gleichen Entgelts von Frauen und Männern für
gleiche und gleichwertige Arbeit ist fest in den europäischen Verträgen verankert und zugleich wesentlicher Bestandteil der
grundrechtlich geschützten Gleichberechtigung von Männern und
Frauen. In Deutschland beträgt die statistische Entgeltlücke
zwischen Frauen und Männern, bezogen auf das durchschnittliche
Bruttostundenentgelt, immer noch rund 21 % (sog. „unbereinigte“ Entgeltlücke). Ursächlich hierfür sind sowohl strukturelle
Faktoren als auch erwerbsbiografische Unterschiede zwischen
Frauen und Männern. Insbesondere bewirken eine geschlechtsspezifische Berufswahl, eine geringere Präsenz von Frauen in
Führungspositionen, familienbedingte Erwerbsunterbrechungen
und länger andauernde Teilzeittätigkeit sowie nicht zuletzt die
traditionell schlechtere Bezahlung von sog. typischen Frauenberufen unterschiedliche durchschnittliche Entgelte von Frauen
und Männern. Aber auch bei gleicher formaler Qualifikation und
ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der statistische mess­bare Entgeltunterschied nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2016 immer noch 7 % (sog. „bereinigte“ Entgeltlücke).
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Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett am 11.01.2017
den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Transparenz
von Entgeltstrukturen (Entgeltransparenzgesetz – EntgTranspG)
verabschiedet.
Gesetzgebung
Der Bericht ist dem nächsten Lagebericht
nach § 289 HGB, der dem jeweiligen
Berichtszeitraum folgt, als Anlage beizufügen und ist demzufolge nicht Bestandteil
des Lageberichts. Er ist im Bundes­
anzeiger zu veröffentlichen.
Wesentliche Inhalte des Entgelttransparenzgesetzes sind:
1. Die Definition wesentlicher Grundsätze und Begriffe zum Gebot
der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern bei gleicher
und gleichwertiger Arbeit,
2. die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs für
Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten bei
gleichzeitiger Stärkung des Betriebsrates bei der Wahrnehmung
des Auskunftsanspruchs,
3. die Aufforderung an private Arbeitgeber mit mehr als
500 Beschäftigten, betriebliche Verfahren zur Überprüfung
und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen, sowie
Tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber müssen den
Bericht alle fünf Jahre erstellen. Der Berichtszeitraum umfasst die
vergangenen fünf Jahre. Alle anderen Arbeitgeber sind alle drei
Jahre verpflichtet, einen Bericht für die vergangenen drei Jahre
anzufertigen.
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4. die Einführung einer Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern für Unternehmen mit
in der Regel mindestens 500 Beschäftigten, soweit diese nach
dem Handelsgesetzbuch lageberichtspflichtig sind.
Aus Sicht der Rechnungslegung ist der Bericht zur Gleichstellung
und Entgeltlichkeit (4.), der in § 21 EntgTranspG vorgesehen ist,
von Bedeutung. Betroffen sind Arbeitgeber mit in der Regel mehr
als 500 Beschäftigten, die zur Erstellung eines Lageberichts nach
den §§ 264 und 289 HGB verpflichtet sind. Diese müssen in einem
Bericht ihre Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von
Frauen und Männern und deren Wirkungen sowie ihre Maßnahmen
zur Herstellung von Entgeltgleichheit für Frauen und Männer
darstellen. Sofern ein betroffener Arbeitgeber keine derartigen
Maßnahmen durchführt, muss er dies in seinem Bericht begründen. Der Bericht hat außerdem nach Geschlecht aufgeschlüsselte
Angaben zu der durchschnittlichen Gesamtzahl der Beschäftigten sowie zur durchschnittlichen Zahl der Vollzeit- und Teilzeit­
be­schäftigten zu enthalten.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 25
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Wirtschaftsrecht
Wirtschaftsrecht
Stille Gesellschafter
Gesellschaftsvertragliche Pflicht der stillen
Gesellschafter zur Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen bei Beendigung
der stillen Gesellschaft
BGH, Urteil vom 20.09.2016
Am 11.12.2009 beschlossen die stillen Gesellschafter, die stille
Gesellschaft zum 15.12.2009 zu liquidieren. Das Kapitalkonto der
Beklagten nach Verrechnung von Gewinngutschrift, Verlust­
beteiligung, Einlage und Ausschüttungen wies einen Negativsaldo
i.H.v. 7.812 EUR auf, von dem die Klägerin den darin enthaltenen Ausschüttungsbetrag von 4.166 EUR gem. § 16 Nr. 1 d) GV
geltend macht. Die Beklagte wendet ein, dass die betreffenden
gesellschaftsvertraglichen Regelungen auf das Ausscheiden eines
Gesellschafters infolge der Beendigung der Gesellschaft nicht
anzuwenden seien.
Der BGH hat mit Urteil vom 20.09.2016 (II ZR 120/15) ent­
schieden, dass die stillen Gesellschafter im Falle der Auflösung der
Gesellschaft zur Rückzahlung der ihnen zugeflossenen gewinn­
unabhängigen (Liquiditäts-) Ausschüttungen an den Geschäfts­
inhaber verpflichtet sind, wenn dieser Rückzahlungsanspruch
im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Insofern habe die Regelung
in § 16 Nr. 1 d) GV betreffend die Pflicht zur Rückzahlung der
gewinnunabhängigen Auszahlungen durchaus dem Umstand Rechnung getragen, dass den stillen Gesellschaftern bei der hier vor­
liegenden vertraglichen Konstruktion das wirtschaftliche Risiko
des Unternehmens des Geschäftsinhabers obliege.
§ 16 Nr. 1 d) GV stelle zudem klar, dass diese Pflicht schon aus
Gründen der Gleichbehandlung jeden stillen Gesellschafter trifft,
der derartige Zahlungen aus dem Vermögen des Unternehmens
des Geschäftsinhabers erhalten hat unabhängig davon, ob die
Beendigung der Gesellschafterstellung auf einer Kündigung des
Gesellschafters, seiner Ausschließung oder auf der Auflösung
der stillen Gesellschaft beruht. Ebenso verweise § 9 GV für jede
Form des Ausscheidens eines stillen Gesellschafters auf die Ein­
zelheiten der Berechnung nach § 16 GV, der ausweislich seiner
Bezeichnung das „Abfindungsguthaben bei Beendigung der
atypisch stillen Gesellschaft“ regelt.
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In einem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte sich die Beklagte
mit Beitragserklärung vom 09.12.2002 an einer GmbH & Co. KG im
Rahmen des Beteiligungsprogramms „Classic“ mit einer Einmaleinlage von 20.000 EUR zzgl. eines Agios beteiligt. Beide Beträge
wurden vollständig eingezahlt. Das Beteiligungsprogramm „Classic“ besteht aus einem atypisch stillen Gesellschaftsvertrag (GV),
der die stillen Gesellschafter in §§ 9 und 16 GV verpflichtet, die
Schulden des Geschäftsinhabers – soweit sie auf das Unternehmen
entfallen, an dem sie beteiligt sind – möglichst auszugleichen.
Alle Gesellschafter sollen demnach dem Geschäftsherrn die Schuldentilgung durch die Rückzahlung der Gelder ermöglichen, die
sie nicht als Gewinn erhalten haben. Der Beklagte erhielt in den
Jahren 2003 bis 2005 vertragsgemäß gewinnunabhängige (Liquiditäts-) Ausschüttungen i.H.v. 4.166 EUR.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 27
Anforderungen an eine Kapitalerhöhung
zur Durchführung einer Verschmelzung
i.S.d. § 55 Abs. 1 UmwG
OLG Rostock, Beschluss vom 19.05.2016, rkr.
Zur Durchführung einer Verschmelzung kann eine GmbH nach § 55
Abs. 1 UmwG ihr Stammkapital erhöhen. Neben dem Kapital­
erhöhungsverbot gem. § 54 UmwG hat die GmbH dabei zusätzlich
das sog. Verbot der Unter-Pari-Emission zu beachten. Demnach
muss der tatsächliche Wert der durch die Kapitalerhöhung geschaffenen Geschäftsanteile samt etwaiger Zuzahlungen mindestens
durch den tatsächlichen Unternehmenswert des zu übertragenden
Rechtsträgers gedeckt sein, da sonst die Sacheinlage nicht vollständig bewirkt wäre.
In dem vom OLG Rostock zu beurteilenden Fall hatte das Registergericht die Eintragung einer Verschmelzung abgelehnt, da der
übertragende Rechtsträger im Zeitpunkt der beabsichtigten Verschmelzung eine Eigenkapitalquote von weniger als 1 % aufwies
und die eingereichte Unternehmensbewertung unter Anwendung
des sog. vereinfachten Ertragswertverfahrens die aktuelle Gesamtsituation des übertragenden Rechtsträgers außer Acht lasse,
indem sie lediglich positive Betriebsergebnisse der Zukunft zugrunde lege. Vielmehr müssten auch die aktuellen Buchwerte des
Unternehmens und insbesondere der vorhandene Verlustvortrag
wertmindernd berücksichtigt werden. Die Antragstellerin hat
entgegnet, dass der Buchwert des Unternehmens kein geeignetes
Bewertungskriterium sei, da dieser wegen der eventuellen stil­len Reserven und eines (originären) Geschäfts- oder Firmenwerts
keine realistische Aussagekraft für den Wert des einzubringenden
Unternehmens habe. Im Übrigen käme es nicht auf die tatsäch­
liche Höhe der Schulden, sondern auf die Schuldentragfähigkeit an.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde des übernehmenden Rechts­
trägers (Antragstellerin) nicht abgeholfen und das Verfahren dem
OLG Rostock zur Entscheidung vorgelegt.
Nach Ansicht des OLG Rostock (Beschluss vom 19.05.2016,
1 W 4/15, rkr.) ist für die Frage der Kapitaldeckung der wahre Wert
des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers entscheidend.
Der Unternehmenswert sei z. B. nach in IDW Standard: Grundsätze
zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i.d.F.
2008) niedergelegten allgemeinen Grundsätzen oder aber auch
nach §§ 199 ff. BewG zu ermitteln.
Der wahre Wert sei danach grundsätzlich der Ertragswert, ermittelt
nach der sog. modifizierten Ertragswertmethode, zuzüglich des
Verkehrswerts des nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Grundlage des Ertragswertverfahrens sei es, die langfristige Ertragskraft eines Unternehmens in der Zukunft zu bewerten. Insoweit sei
ein in der Bilanz enthaltener Verlustvortrag – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – nicht bei der Ermittlung des Unternehmenswerts mindernd zu berücksichtigen.
Hinweis
28 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
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Wenn das Reinvermögen des übertragenden Rechtsträgers zu Netto-­
Buchwerten den Gesamtnennbetrag
der den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers zu gewährenden Geschäftsanteile deckt,
ist die Einreichung einer Bilanz zur
Eintragung einer verschmelzungsbedingten Kapitalerhöhung ausreichend. Sollte das Reinvermögen
zu Netto-Buchwerten nicht ausreichen, kann das Registergericht
eine nähere Prüfung zur Werthaltigkeit der Sacheinlage verlangen.
In diesem Zusammenhang ist regelmäßig die Einreichung einer Unternehmenswertermittlung notwendig.
Wirtschaftsrecht
Fortbestand der Einstandspflicht
aus der Patronatserklärung
bei Insolvenzanfechtung der
Tilgungsleistung
BGH, Beschluss vom 12.01.2017
In einem jüngst vom BGH zu entscheidenden Fall hatte die Klägerin die S. GmbH mit Gas beliefert. Aufgrund von Zahlungsrückständen der S. GmbH hat die Muttergesellschaft der S. GmbH am
12.06.2007 der Klägerin eine Patronatserklärung mit folgendem Inhalt erteilt:
„Wir, die alleinige Gesellschafterin der S. GmbH, verpflichten uns
hiermit, der S. GmbH die notwendigen finanziellen Mittel zur Ver­
fügung zu stellen, dass sie ihrerseits den vertraglichen Verpflichtungen gem. mit ihrem Haus vereinbarten Zahlungsplan einhalten kann. Die vorliegende Patronatserklärung ist zeitlich bis zum
15.08.2007 befristet.“
Etwa einen Monat nach Ablauf der Frist der Patronatserklärung,
am 18.09.2007, stellte die Klägerin die Belieferung der S. GmbH
ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die S. GmbH ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin nur teilweise beglichen.
Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
S. GmbH und Anfechtung der von ihr bewirkten Zahlungen, leistete die Klägerin im Vergleichswege eine Zahlung von 2 Mio. EUR
an den Insolvenzverwalter. Anschließend verlangte sie Schadens­
ersatz von der Muttergesellschaft der S. GmbH wegen Nichterfüllung der vereinbarten Patronatserklärung.
Da sich die Forderung der Klägerin gegenüber der S.GmbH im
Umfang der erfolgreichen Anfechtung (s.o.) als uneinbringlich
erweist, unterliege die Beklagte einer Schadensersatzpflicht
und die externe Patronatserklärung verwandele sich nach einer
Insolvenz der Tochtergesellschaft in eine Pflicht zur Direktzahlung an den Gläubiger. Mithin könne die Klägerin in der Insolvenz
der Schuldnerin den Klagebetrag als Schadensersatz bean­
spruchen, weil die Beklagte ihrer Ausstattungspflicht nicht genügt
habe.
Auch der Einwand der zeitlichen Befristung der Patronatserklärung
sei erfolglos. Die ausdrückliche zeitliche Befristung der Patronatserklärung bis zum 15.08.2007 bedeute, dass die Patronatserklärung auf bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Forderungen
der Klägerin befristet sei. Gegenstand der Klage bildeten ausschließlich derartige Forderungen. Die Befristung bedeute indes
nicht, dass der Patron seiner Ausstattungspflicht nur während
des Geltungszeitraums der Patronatserklärung zu genügen habe.
Vielmehr habe der Patron für sämtliche während der Laufzeit
seiner Erklärung entstandene Verbindlichkeiten auch nach Ablauf
der Frist aufzukommen.
Mit Beschluss vom 12.01.2017 (IX ZR 95/16) hat der BGH entschieden, dass die Muttergesellschaft (Beklagte) ihren Pflichten
aus der von ihr abgegebenen harten Patronatserklärung nicht
genügt habe und die Klägerin insoweit Schadensersatz von der
Beklagten verlangen könne. Eine harte Patronatserklärung
statuiere eine rechtsgeschäftliche Einstandspflicht des Patrons
gegenüber dem Adressaten der Erklärung. Handelt es sich – wie
im Streitfall – um eine externe Patronatserklärung einer Mutter­­
gesellschaft für ihre Tochtergesellschaft, so hafte die Muttergesellschaft dem Gläubiger neben der Tochtergesellschaft für
dieselbe Leistung auf das Ganze.
Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 29
Allgemeine Informationen
Kodexänderungen 2017
beschlossen
Quelle: Pressemitteilung vom 14.02.2017 der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex
Am 07.02.2017 hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex Kodexänderungen beschlossen, die
u. a. zu mehr Transparenz für eine bessere Beurteilung der Unternehmensgovernance durch die Stakeholder beitragen sollen
und die internationale „Best Practice“ in den deutschen Kodex für
börsennotierte Gesellschaften aufnehmen.
Die Präambel des Kodex wurde um das „Leitbild des Ehrbaren
Kaufmanns“ erweitert, wonach gute Unternehmensführung sich
nicht nur durch legales, sondern auch durch ethisch fundiertes,
eigenverantwortliches Verhalten auszeichnet.
Darüber hinaus wird nunmehr in der Präambel – und nicht wie
ursprünglich vorgeschlagen unter Ziffer 2.1.3 – festgehalten, dass
institutionelle Anleger für die Unternehmen von besonderer
Bedeutung sind. Von ihnen wird erwartet, dass sie ihre Eigentumsrechte aktiv und verantwortungsvoll auf der Grundlage von
transparenten und die Nachhaltigkeit berücksichtigenden Grundsätzen ausüben.
Vor dem Hintergrund einer sinnvollen Transparenz im Sinne einer
fundierten Beurteilungsgrundlage sollen Unternehmen die
Grundzüge ihres Compliance Management Systems offenlegen
(Ziffer 4.1.3), damit sich Investoren, aber auch die interessierte
Öffentlichkeit, ein eigenes Bild von den Compliance Anstren­­g­ungen des Unternehmens machen können. Ziel ist eine Stärkung
des Vertrauens in eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Im Sinne eines Best Practice Compliance Systems soll den
Beschäftigten auf geeignete Weise die Möglichkeit eingeräumt
werden, geschützt Hinweise auf Rechtsverstöße im Unternehmen
zu geben; Dritte sind im Rahmen einer Anregung einbezogen.
veröffentlichen. Bei der Frage, wie viele unabhängige Mitglieder
dem Aufsichtsrat angehören sollen, soll auch die Eigentümerstruktur berücksichtigt werden (Ziffer 5.4.2).
Die Regierungskommission begrüßt die Abschaffung der gesetz­
lichen Pflicht zur Abgabe von umfassenden Quartalsberichten,
empfiehlt aber, dass zusätzlich zu den Jahres- und Halbjahresfinanzberichten Zwischeninformationen, insbesondere über Ver­
änderungen der Geschäftsaussichten und der Risikosituation, veröffentlicht werden sollen (Ziffer 7.1.1 und Ziffer 7.1.2).
In Anlehnung an die internationale Best Practice regt die Regierungskommission ferner an, dass der Aufsichtsratsvorsitzende in
angemessenem Rahmen bereit sein sollte, mit Investoren über
aufsichtsratsspezifische Themen zu sprechen (Ziffer 5.2). Aufsichtsratsspezifische Themen sind Gegenstände, für die der
Aufsichtsrat allein verantwortlich ist und die von ihm allein zu entscheiden sind. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat nach dieser
Anregung ein Ermessen, mit wem, wann und wie oft er derartige
Gespräche führen will.
Darüber hinaus wird es weiterhin als Best Practice angesehen,
wenn der Vorsitzende des Prüfungsausschusses unabhängig und
kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft ist, dessen
Bestellung vor weniger als zwei Jahren endete. Wie bisher soll auch
der Aufsichtsratsvorsitzende darüber hinaus nicht den Vorsitz
im Prüfungsausschuss innehaben (Ziffer 5.3.2).
Aktueller Endorsement Status Report der EFRAG
Auch die Kriterien der Zusammensetzung des Aufsichtsrates
(Ziffer 5.4.1) sollen transparenter werden. So soll der Aufsichtsrat
für seine Zusammensetzung nicht nur konkrete Ziele benennen,
sondern in Zukunft auch ein Kompetenzprofil für das Gesamtgremi­
­um erarbeiten. Neu ist ebenfalls die Empfehlung, wonach dem
Kandidatenvorschlag ein Lebenslauf und eine Übersicht über
wesentliche Tätigkeiten neben dem Aufsichtsratsmandat beigefügt
und für alle Aufsichtsratsmitglieder jährlich aktualisiert auf der
Webseite des Unternehmens veröffentlicht werden sollen. Ferner
soll der Aufsichtsrat nicht nur über die nach seiner Einschätzung
angemessene Zahl unabhängiger Mitglieder der Anteilseigner informieren, sondern auch die Namen dieser Mitglieder
30 | Accounting Magazine Ausgabe 01.2017
Der aktuelle EFRAG EU Endorsement Status Report mit
Stand 08.12.2016 ist unter www.efrag.org abrufbar.
In diesem Report wird dargestellt, auf welchem Bearbeitungsstand sich die IFRS, die IFRS-Interpretationen
sowie die Änderungen der Standards derzeit befinden.
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Accounting Magazine Ausgabe 01.2017 | 31
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Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von
Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist
rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln
und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young
Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem
Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen
finden Sie unter www.ey.com.
In Deutschland ist EY an 21 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen
sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von
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EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde daher auf
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Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht
als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl
sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen U
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Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden.
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